Fortpflanzungsmedizin
Nach vielen Monaten erfolgloser Versuche, ein Kind zu bekommen, wenden sich viele Paare einer Kinderwunschbehandlung zu. Dies erfordert grossen physischen und psychischen Einsatz seitens der Paare, insbesondere der Frauen. Man muss bereit sein, um:
- die verlorene Möglichkeit, ein Kind in der Intimität der Paarbeziehung zu zeugen, zu akzeptieren. Die Zeugung wird zu einer medizinischen Angelegenheit, die Fachpersonen anvertraut wird. Dies setzt die strikte Einhaltung eines hochtechnischen Verfahrens voraus, das wenig Raum für Emotionen lässt;
- mit Emotionen umgehen, denn im Laufe des Prozesses durchlebt man Ängste, Hoffnungen und Enttäuschungen;
- die vielen Termine mit der Berufstätigkeit in Einklang zu bringen, vor allem, wenn der Arbeitgeber nicht informiert wurde. Es ist allen selbst überlassen, ob sie mit dem Arbeitgeber über den eigenen Kinderwunsch sprechen möchten oder nicht. Ist dies eine Option, kann es hilfreich sein, zumindest organisatorische Schwierigkeiten/Engpässe anzusprechen, damit der Prozess so gelassen wie möglich angegangen werden kann.
Kommt es nach einem medizinisch unterstützten Fortpflanzungsverfahren zu keiner Schwangerschaft, müssen die Wunden erst heilen, bevor man eventuell wieder von vorne beginnt. Es ist eine Achterbahn der Gefühle, die jeder Mensch individuell und in der Beziehung durchlebt. Auch hier ist es wichtig, dass Sie mit Ihrem Partner über das Erlebte sprechen, damit Sie sich gegenseitig verstehen und unterstützen können. Es wird empfohlen, vor, während und nach dem Prozess:
- professionelle psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen (gesetzlich empfohlen),
- an einer Gesprächsgruppe teilzunehmen, um von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Viele Kinderwunschkliniken bieten psychologische Unterstützung und Gesprächsgruppen an,
- Abstand zu nehmen und den Stress in Bezug auf die Situation zu mindern, sei es durch Meditation, Yoga, Sophrologie oder andere Entspannungsübungen.
Adoption
Entscheiden sich Paare oder Alleinstehende für eine Adoption, müssen sie mit einer anderen Art der Trauer umgehen: ein leibliches Kind anderer zu bekommen. Bestimmte Fragen stellen sich:
- Können Sie sich vorstellen, ein Kind aufzunehmen, das nicht Ihre Gene in sich trägt?
- Was ist, wenn Ihr Kind eines Tages seine leiblichen Eltern kennen lernen möchte/sollte?
- Sind Sie bereit, zu akzeptieren, dass Ihr Kind seine Geschichte ohne Sie begonnen hat, dass dieser Start ins Leben schwierig oder sogar traumatisch war und Sie wahrscheinlich nur Bruchstücke oder gar nichts davon erfahren werden?
All diese Fragen erfordern eine tiefgreifende Reflexion als Einzelperson und als Paar.
Wenn Sie sich bereit fühlen, steht Ihnen das Adoptionsverfahren mit seinen verschiedenen Phasen offen: die Bewertung Ihrer Adoptionsfähigkeit durch die Behörden, die Wahl des Adoptionslandes, die Festlegung des Profils des zu adoptierenden Kindes, das Warten, manchmal über mehrere Jahre, bis ein Kind zur Adoption freigegeben wird, und schliesslich, wenn diese Nachricht eintrifft, das erste Treffen mit Ihrem Kind.
Während dieses Prozesses werden Sie ermutigt, über sich selbst, Ihren Hintergrund, Ihre Ressourcen, Grenzen und Vorstellungen nachzudenken. Sie werden zudem eingeladen, über ein Leben ohne Kinder nachzudenken, da es viel mehr Adoptivkandidaten als zu adoptierende Kinder gibt. Das ist an sich eine gute Nachricht, und sich dessen bewusst zu sein, kann Ihnen bei diesem Schritt wirklich helfen.
Dieser Prozess ist sicherlich bereichernd, kann aber auch anstrengend sein und zuweilen ein Gefühl der Ohnmacht, Entmutigung und gar des Unverständnisses hervorrufen. Eine Beratung durch folgende Personen kann hilfreich sein:
- Fachpersonen, die über gute Kenntnisse im Adoptionsbereich verfügen, um insbesondere die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens besser zu verstehen,
- Paare, die diese Erfahrung bereits gemacht haben, in einer Gesprächsgruppe oder privat,
- Verbände, die Unterstützung und Begleitung bei der Adoption anbieten.
Die Adoption eines Kindes ist kein unbedeutendes Ereignis, sondern zielt in erster Linie darauf ab, den Bedürfnissen eines schutzbedürftigen Kindes mit traumatischen Lebenserlebnissen die bestmögliche Lösung zu bieten. Es ist daher wichtig, dass Sie gut auf diese «Mission» vorbereitet sind, dass Sie verstehen, was auf dem Spiel steht, und dass Sie bestens ausgerüstet sind. Die zuständige Behörde Ihres Kantons oder Ihre Adoptionsstelle können Sie sicherlich beraten:
- Die in einigen Kantonen obligatorischen Kurse zur Vorbereitung auf die Adoption sind sehr nützlich und sehr empfehlenswert.
- Sammeln Sie so viele Informationen wie möglich über das Land, aus dem Ihr Kind stammt, über Sprache und Kultur; so können Sie auch die Zeit des Wartens besser überbrücken.
- Es gibt zahlreiche Ressourcen (Bücher, Artikel, Berichte, Filme, Websites usw.) zu diesem Thema.
Die Unterstützung von Fachleuten und/oder Verbänden kann auch nach der Aufnahme Ihres Kindes wichtig und wertvoll bleiben.
Egal, wie lange Ihr Weg zur Elternschaft dauert, und egal, was dabei herauskommt: Bleiben Sie aufmerksam und vorsichtig; Ihr Leben soll sich nicht nur um den Kinderwunsch drehen und er darf nicht zwanghaft werden. Versuchen Sie in diesem Sinne, Ihr Leben während des Verfahrens so normal wie möglich zu gestalten und sich Zeit und geistige Entspannung zu gönnen: Machen Sie weiterhin, was Ihnen Spass macht, und was Ihnen alleine und/oder als Paar gut tut. Dies wird Ihnen helfen, während des gesamten Verfahrens geistig gesund zu bleiben, Ihr «Projekt» reifen zu lassen und motiviert zu bleiben.