Selbstwirksamkeit und Selbstwertgefühl
Unsere Selbstwirksamkeit wird gestärkt, wenn:
- es uns gelingt, eine Herausforderung aus eigener Kraft zu bewältigen. Dadurch gewinnen wir an Selbstvertrauen und fühlen uns in der Lage, komplexere Herausforderungen anzugehen;
- wir beobachten, wie andere Menschen in einer ähnlichen Situation vorgehen;
- wir von für uns wichtigen Personen ermutigt werden, was unser Selbstvertrauen stärkt (Wertschätzung);
- wir in einem günstigen körperlichen und emotionalen Zustand sind, um die Aufgaben, die wir erledigen müssen, auszuführen (Regulation des Nervensystems).
Wenn wir uns kompetent fühlen, sehen wir vor uns stehende Aufgaben als Herausforderungen, die gemeistert werden können, und nicht als Bedrohungen, die es zu vermeiden gilt. Wenn wir uns beispielsweise dazu in der Lage fühlen, zu lernen, wie man die Steuererklärung ausfüllt, und uns dies auch zutrauen, packen wir die Arbeit an, auch wenn wir nicht alles verstehen. Dabei werden wir merken, dass wir manche Elemente beherrschen und andere nicht. Dann können wir unsere Kompetenzen anerkennen und uns für einzelne Teile der Aufgabe helfen lassen.
- Wir sollten also auf unser Selbstbild achten, da dieses ebenso wichtig ist wie unsere Fähigkeiten.
- Falsche oder einschränkende Vorstellungen von uns selbst können wir ablegen, indem wir aktiv werden.
- Je kompetenter wir uns fühlen, desto höher ist unser Selbstwertgefühl.
Die wichtige Bedeutung der Lebenskompetenzen
Sich kompetent fühlen heisst nicht nur, das System zu verstehen oder über kognitives Wissen zu verfügen. Es bedeutet auch:
- sich zu trauen, sich an Erwachsene zu wenden und eine Bitte zu äussern (Ärztin/Arzt, sozialpädagogische Dienste oder Gesundheitsfachstellen, Kolleginnen/Kollegen usw.);
- in neuen Situation mit den eigenen Emotionen und Stress umgehen zu können;
- in den sozialen Netzwerken sein Urteilsvermögen und kritisches Denken einzusetzen;
- Lösungen für Alltagsprobleme zu finden;
- sich selbstständig um sich selbst zu kümmern.
Diese Kompetenzen sind wichtig für eine gute psychische Gesundheit. Sie ermöglichen uns, Bindungen zu schaffen und Anpassungsstrategien für unsere Lebensumstände zu entwickeln. Sie werden auch als «Lebenskompetenzen» bezeichnet.
Die WHO präsentiert 10 Kompetenzen im Doppelpack:
- Problemlösungsfähigkeiten – Entscheidungsfähigkeit
- Kreatives Denken – Kritisches Denken
- Effektive Kommunikationsfähigkeiten – Beziehungsfähigkeit
- Selbstwahrnehmung – Empathie für andere
- Stressbewältigung – Emotionsregulation
Zwischen den Lebenskompetenzen und der Gehirnentwicklung besteht ein Zusammenhang: Je mehr wir die Lebenskompetenzen trainieren, umso stärker fördern wir die Bildung neuronaler Verbindungen. Und je mehr neuronale Verbindungen vorhanden sind, umso besser gelingt es uns, unsere Lebenskompetenzen zu aktivieren.
Deshalb ist es sinnvoll, alle Gelegenheiten zu nutzen, um die Lebenskompetenzen zu trainieren und neue Dinge zu lernen.
Genug Selbstvertrauen haben, um etwas zu wagen
Die Erfahrungen, die wir am Übergang ins Erwachsenenalter machen müssen, zwingen uns, unsere Komfortzone zu verlassen. Sie können so stressig sein, dass wir auf gewisse Lernprozesse verzichten oder einer Entscheidung aus dem Weg gehen, aus Angst, uns zu irren oder es nicht zu schaffen. Um kompetent zu werden, müssen wir jedoch üben und in unseren Lernprozessen begleitet werden. Man darf sich irren, ohne sich selbst zu verurteilen oder verurteilt zu werden.
Man darf auch gewisse Risiken eingehen und auf die Zukunft vertrauen, ohne genau zu wissen, wie es herauskommt. Doch Risiko ist nicht gleich Risiko: Manche Risiken bringen uns weiter (sich wagen, eine neue Kompetenz auszuprobieren, ein Vorhaben angehen, das uns stresst usw.), andere bringen uns in Gefahr (schädliche Verhaltensweisen übernehmen, um wie die andern zu sein oder sich lebendig zu fühlen, z. B. Extremsport, Substanzkonsum, ungeschützte sexuelle Kontakte usw.). Bevor wir ein Risiko eingehen, sollten wir uns fragen, ob es sich wirklich lohnt.
Wir können auch dazu neigen, uns viel mit andern zu vergleichen. Sich zu vergleichen hilft, sich in Gruppen oder in neuen Kontexten einzuordnen. Wenn wir dem Blick und den Meinungen anderer aber zu viel Gewicht beimessen oder uns mit unrealistischen Vorbildern vergleichen, kann das problematisch werden. Wir können aus Angst, anders zu sein, oder aus Angst vor der Reaktion der andern auf etwas verzichten, das für uns wichtig ist. Wir können an unserem Wert oder unseren Kompetenzen zweifeln oder ein negatives Körperbild entwickeln. Dieses Risiko wird durch die sozialen Netzwerke verstärkt, die mit idealisierten Darstellungen vom Leben der andern den sozialen Vergleich fördern.
Entscheidend ist, dass wir unser kritisches Denken entwickeln, um unser eigenes Orientierungs- und Wertesystem aufzubauen und uns vom Einfluss der Eltern, Gleichaltriger und auch von den Ansprüchen der Gesellschaft und der sozialen Netzwerke zu lösen. Wenn wir lernen anzuerkennen, was wir denken, fühlen und was wir für richtig halten und was nicht, verstehen wir immer besser, wie wir leben wollen, was wir akzeptieren und was nicht. Damit schaffen wir die Grundlage für unsere Selbstbestimmung.